Die Wallfahrtssanität

Die Wallfahrtssanität

Gott war mit uns – keiner hat seine Füße eingebüßt!

Leider sind wir erst 1980 zu Wallfahrern geworden. Unser Sohn Toni ist zum Abschluss seiner Pflichtschulzeit mit seiner Lehrerin Frau Ladner und allen Mitschülern bei der Fußwallfahrt mit gewandert. Das ganze Jahr haben wir uns sportlich vorbereitet. Auch im Winter bei Regen und Schnee waren wir unterwegs um ja nicht zurück zu bleiben und anderen zur Last zu fallen. Was soll ich sagen, unsere erste Wallfahrt war beeindruckend, der Einzug in Mariazell, und die tolle Erfahrung in einer so guten  Gemeinschaft, dass wir 2015 zum 35. Mal mit dabei sind.

Es hat sich zwar einiges geändert, viele unserer lieben Mitwallfahrer sind bereits am Ende ihrer irdischen Wallfahrt angelangt, Hermann Geiger, Frau und Herr Ruthofer, Franz Oberel, der Blasendoktor Friedl Schellmann und noch einige liebe Freunde. Es sind aber glücklicherweise auch viele junge Wallfahrer nachgekommen.

Mit der Zeit habe ich mit Martha die Betreuung der „Fußmaroden“ übernommen und so kann ich sagen: „Viele Blasenfüße wurden versorgt.“ Gott war mit uns, keiner hat seine Füße eingebüßt. Es gibt sehr viele positive fröhliche Erlebnisse, es würde jedoch den Rahmen sprengen sie alle zu erzählen.

Zum Abschluss muss gesagt werden, die Fußwallfahrt hat unser Leben in Perchtoldsdorf sehr positiv verändert.Wir danken Gott und euch liebe Wallfahrer vom Herzen dafür.

Grete und Günter Fleihaus

Gelernt hab ich beim Obermedizinalrat

Seit nunmehr 30 Jahren darf ich bei der jährlichen Wallfahrt mit dabei sein. Die  ersten Jahre waren geprägt von wenig Wandererfahrung, schlechter Ausrüstung, keiner Fahrmöglichkeit, aber überschäumender Begeisterung. Muskelkater und unzählige Blasen waren meine ständigen Begleiter. Bei jeder Versorgungsstelle stand ich angestellt beim Blasendoktor „Obermedizinalrat“ Friedl Schellmann. Seine „Ausstattung“ bestand aus: vielen Rollen Leukoplast, Nadel, Zwirn und Arnika (Schnaps). All das passte in eine Blechdose. Schaulustige, die gute Ratschläge parat hatten, gesellten sich zu jeder Behandlung. Um die Wartezeiten zu verkürzen, half ich beim Zwirneinfädeln. Eines Tages, als die Warteschlange wieder sehr lang war, meinte Friedl Schellmann, dass ich an mir selbst genug Erfahrung in der Blasenbehandlung gesammelt hätte. Ab diesem Zeitpunkt überließ er mir die leichten Fälle, und ich wurde  in den Stand der Hilfsschwester erhoben. Da ich am eigenen Leib erfahren habe, wie weh diese Blasen und auch ihre Entleerung tun können, versuche ich bei der Versorgung dieser, so sanft wie möglich vorzugehen.

Als Friedl nicht mehr mitging, wurden Grete Fleihaus und ich ein gut eingespieltes Team. Unser Behandlungsangebot erstreckt sich über jede Form  von Blasenversorgung, Hühneraugen- und Schieferentfernungen, der Behandlung von Kreislaufproblemen, Ausschlägen, Verspannungen, Anlegen von Verbänden, kühlenden Gels, Notfalltropfen, Einreibungen, und als Draufgabe noch liebevolle  Streicheleinheiten.

Seit einigen Jahren haben wir mit
Elisabeth Steiner eine eigene „fahrende Arztpraxis“. Was Grete und ich an Versorgung nicht mittragen, wird kistenweise in ihrem Auto mitgeführt. Auch wir werden, wenn erforderlich, zu unseren Einsatzorten gebracht.

So hat sich die Fußwallfahrt für mich zu einer WallFAHRT umgestaltet. Zu Fuß darf ich mir einige Gustostückerl aussuchen. Weitere Strecken schaffen meine Füße nicht mehr.

Das Beglückendste für mich ist, dabei zu sein und helfen zu dürfen, die Natur zu genießen, viel zu lachen und in der Wallfahrerfamilie geborgen zu sein.

Martha Hameseder

 

Grete und Martha gaben mir eine  tragende Rolle…

…ich trage ihre Medikamententasche!

2003 wurde ich von Franzi, Frieda und Hanni gefragt, ob ich nicht Lust hätte, bei der Mariazeller Wallfahrt als Privatchauffeur mitzumachen. Da ich schon viele nette Berichte darüber gehört hatte, sagte ich spontan zu.

Nach einiger Vorbereitungszeit war es endlich so weit, der erste Tag der Mariazeller Wallfahrt. Ich bekam den Auftrag, bei einem gewissen Punkt (den ich noch nicht kannte) auf meine mir zugeteilten Damen zu warten. Sogleich machte ich mich auf, schließlich möchte man bei seinem ersten Einsatz unter keinen Umständen zu spät kommen. Am vereinbarten Treffpunkt angelangt, wartete ich erstmal.

…und wartete, und wartete. 

Schön langsam dämmerte es mir, dass da irgendetwas nicht ganz stimmen konnte, bis ich plötzlich meine Schützlinge erblickte. Sie kamen aufgeregt und wild gestikulierend auf mich zugerannt und taten lauthals ihren Unmut kund. Ganz offensichtlich hatte ich am falschen Treffpunkt gewartet – die Mariazeller Wallfahrt schien wegen mir ins Wanken zu geraten.

Glücklicherweise hatten sich aber offenbar dann doch die Richtigen gefunden und wir konnten die Turbulenzen rasch aus der Welt schaffen. Für künftige Missionen kamen wir überein, die Wallfahrer mit Peilsendern oder zumindest mit Kuhglocken auszustatten.

So ging es frohen Mutes weiter bis zur Ankunft in Mariazell am letzten Tag; und dieser wird mir immer in bester Erinnerung bleiben. Ich war schon früher in die Mariazeller Kirche gegangen, doch dieses Mal durchfuhr mich beim Betreten des Domes ein wohliges Gefühl das ich mit Worten nicht zu beschreiben vermag und das ich nie vergessen werde. Offenbar hatte ich mich am Mariazeller Virus infiziert, denn seit dieser Zeit bin ich immer wieder voller Freude mit dabei.

Die ersten drei Jahre fuhr ich noch als Privatchauffeur, bis ich offiziell in das Fahrerteam aufgenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich noch einmal ganz herzlich für die freundliche Aufnahme ins Team bedanken.
Mittlerweile hat sich meine Zuständigkeit auf die Sanitäterinnen Grete und Marta ausgeweitet, die mir eine tragende Rolle gegeben haben – ich trage ihre Medikamententaschen. (leider darf ich sie nur selten tragen)

Die Wallfahrt ist zwar immer sehr anstrengend, aber dieses Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gemeinschaft und die Gleichheit unter den Wallfahrern, begeistern mich immer wieder aufs Neue. Die Mariazeller Wallfahrt ist für mich zu einem wichtigen Bestandteil meines Lebens geworden. Ich schöpfe daraus jedes Mal sehr viel positive Energie die mir hilft, meine Ängste zu bewältigen und mir Kraft für das ganze Jahr gibt.

Ich hoffe, dass das Team noch lange so bestehen bleibt und wir noch viele gemeinsame Wallfahrten machen dürfen.

Herzlichst, eure Fahrerin
Elisabeth Steiner

Der „Obermedizinalrat“ Friedl Schellmann

„Im Jahr 1972 bin ich das erste Mal nach Mariazell gepilgert und hatte, obwohl ich schon viel in den Bergen war, für solche Strecken und Wege wenig Erfahrung. Schon damals habe ich mich über die vielen Blasen und Leiden gewundert.

In Rohr, beim Furtnerhof hatte Roland solche Blasen, dass mit Leukoplast einfach nichts mehr zu machen war. Im Bett liegend fotografierte er seine mit Mullbinde verbundenen Füße – das war der erste Eindruck von Blasen, die damals noch alle von Hansl Vojtek behandelt wurden. Jahr und Jahr vergingen, die Anzahl der Mariazeller Wallfahrer wurden immer größer, die Aufgabe von Hansl immer umfangreicher. So habe ich ihm geholfen und später ist diese Tätigkeit sang- und klanglos an mich übergegangen…

…über die vielen, alljährlichen Blasen und Leiden wollen wir gar nicht weiter schreiben, mit Nadel und Zwirn, Arnika, Leukoplast und den verschiedensten Salben haben wir noch immer alle nach Mariazell gebracht.

Wenn ich euch noch einen Rat für die Zukunft mit auf dem Weg geben darf Lasst eure Füße ein bis zwei Wochen vor der Wallfahrt von einer Pediküre behandeln und salbt alle Tage mit einer Fußcreme. Am Tage, an dem wir weggehen, aber kein Fett mehr verwenden, denn sollten sich wirklich Blasen bilden, hält kein Leukoplast auf der fettigen Haut.

So wünsche ich allen kommenden alten und neuen Wallfahrern einen guten Marsch – und sollte jemand ein Leiden, egal welcher Art haben, ich möchte gerne weiter für alle da sein.“

So schreibt ein Spezialist besonderer Art, Friedl Schellmann, von allen als „Blasendoktor“, „Urologe“, oder auch „Obermedizinalrat“ benannt. Im Laufe der Jahre hat er es zu einer virtuosen Meisterschaft in Blasenbehandeln gebracht und alle die sich ihm anvertraut haben, haben es nie bereut. Seine Ordination schlägt er in den jeweiligen Raststätten auf und seine Patienten sitzen mit einem oder auch mit beiden entblößten Füßen und warten geduldig bis sie an der Reihe sind. „Es brennt zwar, aber es nutzt was!“ sagt ein Patient, der anscheinend schon Erfahrung hat. Tatsächlich brennt die Arnikatinktur in die ein Faden getaucht wurde und der dann mittels einer Nadel durch die Blase gefädelt wird, so dass auf beiden Seiten ein Stück Faden heraushängt. Darüber kommt Leukoplast und fertig! Die meisten der so behandelten Patienten haben tatsächlich am nächsten Tag keine Probleme mehr und sind ihrem Blasendoktor sehr dankbar.

Berichte aus dem Buch 50 Jahre Fusswallfahrt von Perchtoldsdorf nach Mariazell

Fotos: Privat, Verein der Freunde der Wallfahrt von Perchtoldsdorf nach Mariazell, Biggi Kempter, Dona Grafik Design